Geschäftsführer können grundsätzlich auch für Zeiträume der vorläufigen Eigenverwaltung in Haftung genommen werden. Dies hat das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 16.05.2018 entschieden. Eine Kollision mit der Massesicherungspflicht bestehe nicht (Az.: 7 K 783/17, BeckRS 2018, 11546).
Geschäftsführer sollen für Umsatzsteuerrückstände vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens haften
Die Kläger waren Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG, für die sie einen Insolvenzantrag gestellt und die Eigenverwaltung beantragt hatten. Das Insolvenzgericht bestellte zunächst einen vorläufigen Sachwalter, der die Aussichten für die Fortführung der KG prüfen sollte. Ein Verfügungsverbot oder einen Zustimmungsvorbehalt ordnete es nicht an. Später eröffnete es das Insolvenzverfahren und ordnete die Eigenverwaltung an. Das Finanzamt nahm die Kläger für Umsatzsteuerrückstände der KG in Höhe einer Quote von 5,88% in Haftung, die im Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden waren.
Kläger machen geändertes Pflichtenprogramm durch Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung geltend
Mit ihrer dagegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, dass durch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung ein geändertes Pflichtenprogramm entstanden sei und sie sich bei Zahlung der Steuern gegenüber der Gesellschaft erstattungspflichtig gemacht hätten. Ferner habe der vorläufige Sachwalter der Abführung der Umsatzsteuer mündlich widersprochen.
FG: Keine Kollision mit Massesicherungspflicht
Das FG hat Klage abgewiesen. Es nahm zunächst Bezug auf seinen in derselben Sache, im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung ergangenen Beschluss (BeckRS 2017, 94399), wonach die Kläger trotz Stellung des Insolvenzantrags und Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung als Geschäftsführer weiterhin zur Zahlung der Steuerrückstände unter Beachtung des Grundsatzes der anteiligen Tilgung verpflichtet gewesen seien. Eine Kollision mit der Massesicherungspflicht bestehe nicht. Diese Pflicht werde allenfalls dann verletzt, wenn die Geschäftsführer überproportionale Zahlungen auf die Umsatzsteuer geleistet hätten.
Mündlicher Widerspruch des vorläufigen Sachwalters unbeachtlich
Ergänzend führt das FG aus, dass auch der von den Klägern behauptete mündliche Widerspruch des vorläufigen Sachwalters an der Haftung der Geschäftsführer nichts ändere. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sei vielmehr bei den Geschäftsführern verblieben. Der Widerspruch schließe auch ein schuldhaftes Verhalten der Kläger nicht aus, weil die Zahlung von Steuerrückständen nicht dem Widerspruchsrecht eines vorläufigen Sachwalters ohne Zustimmungsvorbehalt unterliege und weil die Kläger nicht dargelegt hätten, welche Schritte sie zur Zahlung der Steuern eingeleitet haben.
Quelle: Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H. BECK, 20.06.2018