„Coronarecht“ – SARS-CoV-2 und die rechtlichen Folgen

Das neuartige Corona-Virus 2019 n-CoV (SARS-CoV-2) führt zu einer Infektionskrankheit (Covid-19), die Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) auslösen kann.

Verdachtsfälle werden bei der Ortspolizeibehörde oder beim Gesundheitsamt gemeldet. Grundsätzlich kann die Behörde alle Maßnahmen anordnen, die sie für erforderlich hält, um die Verbreitung der Krankheit zu verhindern. Behördliche Maßnahmen können sein:

  • Das Gesundheitsamt nimmt den Verdächtigten unter Beobachtung
  • Das Gesundheitsamt nimmt den Verdächtigten unter Quarantäne
  • Das Gesundheitsamt verbietet dem Verdächtigen die Berufsausübung
  • Das Gesundheitsamt stellt einen gesamten Betrieb unter Quarantäne
  • Das Gesundheitsamt verbietet die Durchführung einer Messe
  • Das Gesundheitsamt untersagt eine Kreuzfahrt in ein Land mit hoher Anzahl an Erkrankungen

Die Maßnahme der Behörde muss verhältnismäßig sein. Rechtsbehelfe wie z.B. Widerspruch oder Klage gegen unverhältnismäßige Maßnahmen sind möglich.

Die Betroffenen und die Unternehmen sind verunsichert. Die Menschen wollen sich nicht infizieren und Organisationen wollen Infektionen der Beschäftigten vermeiden, um einer temporär verhängten Quarantäne, die den faktischen Stillstand der gesamten Produktion zur Folge haben kann, zu entgehen.

Um sich nicht zu infizieren, empfiehlt es sich, Menschenansammlungen und Hände schütteln zu vermeiden, wenn es nicht zwingend nötig ist.

Hier können Home Office Regelungen helfen. Ein grundsätzlicher Anspruch auf Home Office besteht nicht, aber Home Office kann eine wirksame Maßnahme sein, um die Infizierung und Ausbreitung unter den Beschäftigten zu verhindern, weil eine räumliche Trennung stattfindet.

Wenn das Unternehmen „freiwillig“, sprich ohne behördliche Anordnung, Quarantäne im Unternehmen anordnet, stellt sich die Frage, ob das Unternehmen Lohn fortzahlen muss. Wenn die Beschäftigten nicht arbeitsunfähig erkrankt sind, muss das Unternehmen den Lohn weiter zahlen. Es verwirklicht sich das allgemeine Betriebsrisiko. Die Beschäftigten können aber verpflichtet sein vom Home Office aus zu arbeiten, wenn dies räumlich und technisch möglich ist sowie keine Bedenken bezüglich der Sicherheit unternehmensbezogener und personenbezogener Daten im Home Office bestehen.

Ordnet die Behörde Quarantäne der Beschäftigten an, muss das Unternehmen gem. § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG den Lohn bis zu 6 Wochen weiterzahlen. Das Unternehmen kann sich diese Zahlungen von der Behörde erstatten lassen.

Droht die Produktion stillzustehen, weil Lieferanten aus „Coronagebieten“ nicht liefern oder kann das Unternehmen die verbleibenden Arbeitsfähigen nicht mehr beschäftigten, muss es zwar weiterhin Lohn zahlen, aber es besteht die Möglichkeit Kurzarbeit (= vorrübergehende Verringerung der Arbeitszeit + vorübergehende Verringerung des Lohns) einzuführen, soweit die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. In Unternehmen mit Betriebsrat wird Kurzarbeit in der Regel über eine Betriebsvereinbarung eingeführt. Arbeitsvertragliche Regelungen sind ebenfalls möglich. Grundsätzlich ist der Betriebsrat an Maßnahmen, die den Gesundheitsschutz betreffen, zu beteiligen.

Das Coronavirus wirkt sich zudem auf die gesamte Veranstaltungs- und Sportbranche aus. Messen und Sportveranstaltungen werden abgesagt von den Veranstaltern. Den teilnehmenden Ausstellern sind jedoch unter Umständen bereits Kosten entstanden z.B. Standgebühren. Besucher haben Angst sich zu infizieren, bleiben der Veranstaltung fern und fordern den Ticketpreis zurück.

Untersagt die Behörde die Veranstaltung, sind Standgebühren und Ticketpreise vom Veranstalter zurückzuerstatten. Wird der Veranstalter von einem Aussteller wegen des Messeausfalls auf Schadenersatz in Anspruch genommen, wird er sich damit exculpieren können, dass die Veranstaltung von einer Behörde untersagt wurde.

Sagt der Veranstalter die Messe vorsorglich ab, muss er die Ticketpreise erstatten. Ob er Aufwendungen der Aussteller wie z.B. Hotelzimmerbuchungen im Hinblick auf die Messe erstatten muss, hängt davon ab, ob seine Absage auf „Höherer Gewalt“ beruht. Liegt diese vor, muss er nichts erstatten. Die Gerichte gehen von Höherer Gewalt aus, „bei betriebsfremden, von außen herbeigeführten Ereignissen, die unvorhersehbar und ungewöhnlich sind, und die mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartenden Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden können.“ Dies trifft zu auf Naturkatastrophen, Streiks und terroristische Angriffe. Aber auch Epidemien und Seuchen können als höhere Gewalt angesehen werden. Dies haben z.B. das AG Augsburg (Urteil v. 9. November 2004 – 14 C 4608/03) im Hinblick auf den Ausbruch des SARS-Virus und das AG Homburg (Urteil v. 2. September 1992 – 2 C 1451/92-18) bezüglich eines Ausbruchs von Cholera entschieden. Der Veranstalter muss dies darlegen und beweisen. Dies kann z.B. durch Reisewarnungen oder Erklärungen des Gesundheitsamts gelingen.

Ferner kann sich aus dem Datenschutzrecht die Verpflichtung für Unternehmen ergeben, angemessene Vertreterregelungen zu implementieren als Technisch-Organisatorische Maßnahme (TOM) der Datensicherheit. Wenn der Datenschutzkoordinator oder der Brandschutzbeauftragte oder der ISO oder IT – Admin erkrankt ist, muss immer ein fachlich gleichwertiger Mensch zur Vertretung bereit sein.

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