Online-Betriebsratswahl zulässig?

Im Zeitalter des Internets sind den Möglichkeiten grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Das Internet verfügt über viele Instrumente, die einem modernen Betrieb das Leben vereinfachen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese neuartigen Handlungsweisen auch mit dem Gesetz zu vereinbaren sind. Der Gesetzgeber hat sich im Gesetzgebungsverfahren wohl kaum mit dem Internet und dessen zukünftiger Bedeutung auseinandergesetzt. Sind die Gesetze so ausgestaltet, dass sie auf die aktuellen Veränderungen reagieren können?

Der Gesetzgeber kann keineswegs in die Zukunft blicken. Er kann lediglich versuchen, die gesetzlichen Normen weit zu fassen, sodass unabsehbare Folgen unter das Gesetz subsumiert werden können. Daraus folgt jedoch die Gefahr der fehlenden Bestimmtheit und der unzureichenden Konkretisierung, um den Einzelfall gesetzlich regeln zu können. Vor dem Hintergrund dieser Probleme scheut sich der Gesetzgeber vor weit auszudehnenden gesetzlichen Normen. Als Auffangbecken neuartiger Fragestellungen dienen sämtliche Generalklauseln, die im Notfall herangezogen werden können. Diese finden Anwendung, wenn andere Normen wegen fehlgeschlagener Subsumtion nicht zum Einsatz kommen können. Häufig müssen sich Gerichte vorwerfen lassen, Entscheidungen unter Anwendung von Generalklauseln nach ihrem Wunschergebnis zu konstruieren. Um überhaupt auf neue Gegebenheiten und unberücksichtigte Ausnahmen reagieren zu können, haben die Generalklauseln jedoch ihre Daseinsberechtigung.

Dieses Auffangbecken hilft aber nicht in jeder gesetzlichen Lage. Generalklauseln werden äußerst restriktiv angewendet und den Einzelfallregelungen ist Vorrang zu gewähren. Mit dieser Thematik setzte sich auch das Arbeitsgericht Hamburg am 7. Juni 2017 auseinander. Dem Fall lag der Sachverhalt zugrunde, dass im Zuge einer Betriebsratswahl neben einer Präsenzwahl auch eine Online-Wahl ermöglicht wurde. Der Wortlaut der von der Wahlordnung verwandten Begriffe wie „schriftliche Stimmabgabe“ (§ 24), „vorgedruckte Erklärung“ (§ 24 I Nr.4) oder „Unterschrift“ (§25 II) stellen klar, dass die Möglichkeiten des Internets nicht berücksichtigt worden sind. In einem gesetzlichen Randbereich wie der Betriebsratswahl sah das Hamburger Gericht es nicht für angebracht, eine zeitgemäße Auslegung durchzuführen. Es berief sich auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschriften. Das durchgeführte Wahlverfahren sei nichtig, da mit der Möglichkeit der elektronischen Wahl schwerwiegend gegen die Wahlordnung verstoßen wurde.

Zu Recht hat das Gericht die Normen nicht vor dem Hintergrund des Internets ausgelegt. Die Betriebsratswahl findet in einem Randbereich statt und ist äußerst speziell. Die Anwendung von Generalklauseln verbietet sich vor diesem Hintergrund und es darf ausschließlich auf den Wortlaut abgestellt werden. Allerdings ist der Gesetzgeber in der Zukunft gefordert. Er muss Normen zeitgemäß anpassen und die neugeschaffenen medialen Möglichkeiten gesetzlich verankern. Ansonsten entstünde ein Konstrukt von Vorschriften, die ohne Grund an der Vergangenheit festhalten.

Quelle: Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 07.06.2017, Aktenzeichen: 13 BV 13/16

 

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