Die Beteiligten streiten über den Umfang des Einsichtsrechts in Bruttoentgeltlisten. Dem Betriebsrat (BR) wurde nach dem Gütetermin in erster Instanz Einsichtnahme in eine lediglich anonymisierte Bruttoentgeltliste gewährt, die folgende Angaben enthielt: Dienstartbezeichnung, Unterdienstartbezeichnung, Geschlecht, Alter, Eintrittsdatum, Grundgehalt, Arbeitszeit/Woche, Zulagen (z.B. Bereitschaftsdienst, Leistungszulage, Festbezug, Funktionszulage, sonstige Zulagen) und ständige Bezüge (z.B. Zeitzuschläge, Ausgleich für Urlaub/ Krankheit, Nachtzuschläge, Sonntagszuschläge, Überstundenzuschläge), sonstige Bezüge (z.B. Mutterschaftsgeld, Urlaubsgeld, Abfindung). Nach Einsichtnahme hat der BR am eingeleiteten Beschlussverfahren festgehalten und ausgeführt, er benötige auch die Vor- und Zunamen der Beschäftigten. Das Arbeitsgericht gab dem statt. Hiergegen wendete sich der Arbeitgeber (AG) mit Beschwerde, die keinen Erfolg hatte.
Nach einem Beschluss des LAG Hamm vom 19.09.2017, 7 TaBV 43/17, dürfen die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter nicht anonymisiert zur Einsichtnahme bereitgestellt werden.
Nach § 80 BetrVG hat der BR unter anderem die Aufgabe, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer (AN) geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Zur Durchführung seiner Aufgaben ist der BR rechtzeitig und umfassend vom AG zu unterrichten. Dem BR sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 BetrVG gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen.
80 Abs. 2 Satz 2 2. Hs. BetrVG enthält keine ausdrückliche Regelung zur Aufführung von Namen und Vornamen in den Bruttoentgeltlisten. Dies ergibt sich für das LAG indessen aus dem Sinn und dem Zweck der Vorschrift.
Die Beschwerdekammer folgt den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in seiner Entscheidung vom 14.01.2014, wonach sich der nötige Aufgabenbezug im Sinn der Erforderlichkeit schon daraus ergebe, dass der BR darüber zu wachen hat, dass die zugunsten der AN geltenden Gesetze und Tarifverträge durchgeführt werden. Zu Recht habe der BR darauf hingewiesen, dass hierzu die Verpflichtung des AG zur Beachtung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes gehört, wie auch die Frage, dass der BR Informationen dazu benötigt, ob bestimmte Vergütungsmechanismen, die der AG eingeführt hat, zu einem Mitbestimmungsrecht hinsichtlich betrieblicher Entlohnungsgrundsätze führt.
Aus diesem Grund bedürfe es auch keiner Darlegung eines besonderen Anlasses für die Ausübung des Einsichtsrechts im Hinblick auf die vereinbarten Vergütungen. Das BAG habe ausdrücklich ausgeführt, der BR benötige die Kenntnis der effektiv gezahlten Vergütungen, „um sich ein Urteil darüber bilden zu können, ob insoweit ein Zustand innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit existiert oder nur durch eine andere betriebliche Lohngestaltung erreicht werden kann [ … ]. Die Grenzen des Einsichtsrechts liegen dort, wo ein Beteiligungsrecht oder eine sonstige Aufgabe offensichtlich nicht in Betracht kommt [ … ]“.
Der BR kann also auch ohne konkreten Anlass Einsicht in Bruttoentgeltlisten nehmen. Um seiner Überwachungsaufgabe nachgehen zu können, reicht es für die Funktion der Bruttoentgeltliste aber nicht aus, wenn eine Zuordnung der dort enthaltenen Angaben zu einem konkreten AN mangels Angabe von Namen und Vornamen nicht möglich ist. Erst mithilfe des Namens könne der BR konkret feststellen, welcher AN welche Vergütungsbestandteile erhält, ob AN betroffen sind, die ggf. von Arbeitgeberseite aus in einer Gruppe zusammengefasst sind und welche Vergütungsbestandteile einzelne oder in Gruppen zusammengefasste AN beziehen, so das LAG.
Das LAG ist mit dem BAG der Auffassung, dass es dem AG nicht zusteht, sich gegenüber dem BR auf die Grundrechte von AN zu berufen. Dem Einsichtsrecht stünden auch keine datenschutzrechtlichen Belange entgegen.