Die Aufzählung mitbestimmungspflichtiger Angelegenheiten des Betriebsrates ist in § 87 BetrVG abschließend geregelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht dem Betriebsrat bei Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte ein Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber zu. Dieser Anspruch ergibt sich aus der besonderen Rechtsbeziehung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Er setzt keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers nach § 23 Abs. 3 BetrVG voraus.
Das Arbeitsgericht Heilbronn durfte sich am 8. Juni 2017 (ArbG Heilbronn , 08.06.2017; Az.: 8 BV 6/16) mit dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auseinandersetzen. Dieses gibt dem Betriebsrat die Möglichkeit, bei technischen Einrichtungen, die das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwachen sollen, mitzubestimmen. Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob dem Betriebsrat bei einer vom Arbeitgeber kostenfrei betriebenen Smartphone-App ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Der Arbeitgeber ist im Einzelhandel tätig und somit täglichem Kundenkontakt ausgesetzt. Die App gibt den Kunden neben Standortinformationen auch die Möglichkeit, einzelne Filialen des Unternehmens zu bewerten. Im Rahmen dieser Feedbackmöglichkeit wird in der App eine konkrete Filiale ausgewählt. Mithilfe von Smileys können die Kunden ihre Zufriedenheit bezüglich der Filiale zum Ausdruck bringen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, in einem Textfeld schriftlich Rückmeldungen zu geben. Dieses Textfeld wurde unter anderem zur Bewertung einzelner Mitarbeiter genutzt. Nach dem Feedback werden die gewonnen Informationen von Mitarbeitern manuell ausgewertet und die Ergebnisse dem Arbeitgeber mitgeteilt. Der Betriebsrat moniert, dem Arbeitgeber werde durch das Textfeld in der App die Möglichkeit gegeben, sowohl das Verhalten als auch die Leistung eines Arbeitnehmers zu kontrollieren und mittels der durch die App gewonnenen Daten zu überwachen. Die Identifizierung eines Mitarbeiters sei durch die Namensschilder problemlos möglich. Die Arbeitgeberseite beruft sich auf eine fehlende Automatisierung der ausgewerteten Informationen. Die App übermittle nur Daten, die von Dritten eingegeben werden und stellt lediglich einen Übertragungsweg dar. Es erfolgt keine technische Datenerhebung, da alle gewonnen Daten manuell ausgewertet werden. Die App stelle somit keine technische Einrichtung dar, die programmgemäß personenbezogene Daten verarbeite.
Das ArbG Heilbronn schloss sich der Arbeitgeberseite an. Eine Smartphone-App mit Feedbackmöglichkeit, die auch Angaben zu Verhalten und Leistung einzelner Mitarbeiter enthalten kann, ist keine technische Überwachungseinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Der Arbeitgeber fordere in der App weder zur Bewertung von Mitarbeiten auf, noch verarbeite er die Informationen programmgemäß technisch weiter.
Fraglich ist, ob die Entscheidung des ArbG Heilbronn dem Druck der Betriebsräte dauerhaft standhalten kann. Das Gericht subsumiert zwar einwandfrei unter die Begriffe „technische Einrichtung“ und „programmgemäß technische Weiterverarbeitung“, die für § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG prägend sind. Allerdings gibt eine App mit Feedbackmöglichkeit dem Arbeitgeber gerade die Informationen, die grundsätzlich voriger Zustimmung des Betriebsrates bedürfen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates wird durch eine korrekte, aber zu tatbestandsgetreue Subsumtion umgangen. Der Arbeitgeber bekommt durch diese Entscheidung die Möglichkeit, medial personenbezogene Bewertungen über Arbeitnehmer ohne vorige Zustimmung des Betriebsrates einzuholen. Die weitere Rechtsprechung bleibt abzuwarten.