China-Recht: News

Gefahrübergang beim Kauf nach dem chinesischen Vertragsgesetz und der neuesten richterlichen Erläuterung des Obersten Chinesischen Gerichts

Der Gefahrübergang der Kaufsache im chinesischen Recht richtet sich in erster Linie nach Parteiautonomie. Das heißt, dass die Vertragsparteien selbst übereinstimmen können, wer wann das Risiko der Verschlechterung bzw. Untergang der Kaufsache trägt.

Wenn keine vertragliche Vereinbarung vorhanden ist, entscheiden die gesetzliche Regelungen Art. 142 ff. des chinesischen Vertragsgesetzes (CVG) über den Gefahrübergang. Nach den gesetzlichen Regelungen gilt vor allem das Übergabeprinzip in China. Also trägt der Verkäufer die Untergangsgefahr der Kaufsache vor Übergabe der Kaufsache und der Käufer trägt die Gefahr nach Übergabe der Kaufsache. Falls die Übergabe aufgrund des Käufers nicht erfolgen kann, geht die Gefahr trotzdem ab dem vereinbarten Übergabezeitpunkt auf den Käufer über, Art. 143 CVG. Gemäß Art. 146 CVG geht die Gefahr auf den  Käufer über, soweit der Verkäufer nach Vereinbarung die Kaufsache am einen bestimmten Ort zur Verfügung gestellt hat und der Käufer sie nicht abholt. Demnach findet Art. 146 CVG entsprechende Anwendung, wenn die Incoterms-klausel „Ex Werk“ im einen internationalen Kaufvertrag vereinbart worden ist.

Im Falle die Kaufsache vor Abschluss des Vertrags bereits unterwegs ist, geht die Gefahr ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auf den Käufer über gemäß Art. 144 CVG, es sei denn, der Verkäufer bei Vertragsabschluss den Untergang der Kaufsache bereits kennt oder hätte kennen müssen. Im letzteren Fall hat das Oberste Chinesische Volksgericht in seiner neuesten Erläuterung zum Kaufvertrag vom 31.03.2012 ausdrücklich geregelt, dass die Gefahr beim Verkäufer bleibt gemäß Art. 13 dieser Erläuterung.

Wenn der Übergabeort nicht oder nicht deutlich im Vertrag vereinbart worden ist und gemäß Art. 141 Abs. 2 Nr. 1 die Kaufsache zum Transport aufgegeben werden soll, geht die Gefahr auf den Käufer über, soweit der Verkäufer die Kaufsache der ersten Transportperson übergibt, Art. 145 CVG. Zu diesem Art. 145 CVG hat das Oberste Chinesische Volksgericht in Art. 11 seiner neusten Erläuterung vom 31.03.2012 zwei Punkte erläutertet:

Erstens konkretisiert das Oberste Chinesische Volksgericht „…zum Transport aufgeben werden soll…“ dadurch, dass der Verkäufer für den Versand verantwortlich ist. Also sollte es sich um einen Versandkauf gehandelt werden. Es ist aber nicht weiter erläutertet, ob der Verkäufer die Versandkosten bzw. Transportkosten zu tragen hat. Somit sollte die Frage des Kostentragens im Rahmen des Art. 145 CVG keine Rolle spielen. Demgemäß findet Art. 145 CVG bei fast allen Klauseln der Incoterms 2010 bis auf Ex Werk Anwendung.

Zweitens hat das Oberste Chinesische Gericht erklärt, dass der Transporteur gemäß Art. 145 CVG eine andere, selbständige Person als der Verkäufer bzw. der Käufer dieses Kaufvertrages sein soll, (siehe hierzu auch Art. 11 der neusten Erläuterung zum Kaufvertrag vom 31.03.2012). Jedoch hat diese Erläuterungsregelung aber nicht ausreichend festgelegt, was „eine andere, selbständige Transportperson als der Verkäufer bzw. der Käufer dieses Kaufvertrages“ genau bedeutet. Wenn der Transporteur eine Tochtergesellschaft des Verkäufers ist und ihm der Verkäufer die Kaufsache übergibt, kann Art. 145 CVG angewendet werden? Im Zweifeln sollte die Antwort „Ja“ sein.

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