Üblicherweise werden arbeitsrechtliche Kündigungsstreitigkeiten im Wege eines gerichtlichen Vergleichs beendet. Dieser sieht regelmäßig auch die Regelung vor, dass ein „gutes“ Zeugnis vom Arbeitgeber zu erteilen ist. Damit soll weiterer Streit vermieden werden.
Das LAG Hessen hatte sich im Beschluss vom 17.11.2016 – Aktenzeichen 8 Ta 456/16 – mit folgendem Sachverhalt auseinanderzusetzen:
Die Parteien streiten nach dem Abschluss eines Vergleichs über den Inhalt eines Zeugnisses. Der Schuldner (im Folgenden: Beklagter) und der Gläubiger (im Folgenden: Kläger) haben im Gütetermin vom … auszugsweise den folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen: „… Der Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis mit der Notenstufe „gut“ und mit dem Ausstellungsdatum 30. April 2014…“
Mit am … bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts gestelltem Antrag hat der Kläger die Festsetzung von Zwangsmitteln gegen den Beklagten beantragt und dies damit begründet, dass er seiner Verpflichtung aus Ziff. 6 des gerichtlichen Vergleichs nicht nachgekommen sei. Das Arbeitsgericht Kassel hat den Antrag mit Beschluss vom … zurückgewiesen, weil nicht nachgewiesen sei, dass dem Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs zugestellt worden sei. Gegen diesen ihm am … zugestellten Beschluss hat der Kläger … sofortige Beschwerde eingelegt und Unterlagen eingereicht …, aus denen sich die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs ergibt. Mit … Beschluss … hat das Arbeitsgericht Kassel gegen den Beklagten wegen der Nichterfüllung seiner Verpflichtung aus Ziff. 6 des Vergleichs ein Zwangsgeld in Höhe von € 625,00, ersatzweise einen Tag Zwangshaft für je € 125,00 festgesetzt. Gegen diesen … Beschluss hat der …. sofortige Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass dem Kläger mit Schreiben vom 1. April 2016 ein Arbeitszeugnis ausgestellt und um 8:00 Uhr in seinen Briefkasten eingeworfen worden sei. Das zu den Gerichtsakten gereichte Arbeitszeugnis … weist als Ausstellungsdatum den 1. April 2016 aus. Weiter heißt es in dem Zeugnis: „… Herr A erledigt die ihm übertragenen Aufgaben stets zu meiner Zufriedenheit. Auch in komplizierte Problemstellungen kann er sich stets selbständig einarbeiten. Sein Verhalten zu Vorgesetzten und Mitarbeitern ist stets vorbildlich…“
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss … nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass die Leistungsbeurteilung nicht der Notenstufe „gut“, sondern der Notenstufe „befriedigend“ entspreche.
Für das LAG Hessen jedoch war diese sofortige Beschwerde des Arbeitgebers teilweise erfolgreich. Es führte aus:
Der Beklagte hat seine Verpflichtung aus Ziff. 6 des Vergleichs vom … durch das unter dem Datum „1. April 2016“ erteilte Zeugnis nicht erfüllt. Allerdings kann der Kläger in der Zwangsvollstreckung nur die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses durchsetzen, das unter dem Datum „30. April 2014“ ausgestellt wird. Eine bestimmte Leistungs- und Führungsbeurteilung kann er nicht verlangen, weil die Formulierung Notenstufe „gut“ zu unbestimmt ist.
…
Über ein qualifiziertes Zeugnis hinaus kann der Kläger aus Ziff. 6 des Vergleichs jedoch nicht die Durchsetzung der Notenstufe „gut“ verlangen. Insoweit mangelt es dem Titel an der notwendigen Bestimmtheit.
…
Der Kläger kann im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens hingegen nicht die Erteilung der Notenstufe „gut“ verlangen. Dies muss er im Erkenntnisverfahren durchsetzen.
Der Beurteilung „gut“ können verschiedene Formulierungen gerecht werden. Eine bestimmte Formulierung ist jedoch nicht in den Vergleichstext aufgenommen worden. Damit fehlt es an sich an der für eine Zwangsvollstreckung notwendigen Bestimmtheit der von dem Beklagten vorzunehmenden Handlung …. Zudem ist zu bedenken, dass sich vorliegend die Notenstufe „gut“ nicht ausdrücklich auf Führungs- und Leistungsbeurteilung beziehen, sondern das Zeugnis insgesamt umfassen. Ein Zeugnis kann sich aber auf unterschiedliche Weise in einer Gesamtschau als „gut“ herausstellen. So ist denkbar, dass Defizite im Führungsbereich durch herausragende Leistungen ausgeglichen werden können. Ebenso kann dies umgekehrt der Fall sein. Auch können innerhalb verschiedener Arbeitsaufgaben Leistungen von unterschiedlicher Qualität erbracht werden, deren Gewichtung in der Addition zur Annahme einer guten Gesamtleistung führt. Es ist aber nicht Aufgabe des Vollstreckungsverfahrens das Führungs- und Leistungsverhalten, dessen Bewertung im Arbeitsleben an viele Faktoren geknüpft sein kann, erstmals in der Zwangsvollstreckung zu klären. Wollte man dies anders sehen, so würden Probleme des Erkenntnisverfahrens in das Vollstreckungsverfahren verlagert.
Wenn eine solche Vereinbarung nicht vollstreckbar ist (jedenfalls nicht nach dem LAG Hessen), dann drängen sich folgende Handlungsempfehlungen auf:
– Soll eine Einigung auch über ein noch auszustellendes Zeugnis gefunden werden, so sollten sich die Parteien über die Formulierung desselben schon vor einer Güteverhandlung Gedanken machen und erforderlichenfalls darüber verhandeln. Ein Zeugnisentwurf, auf den die gerichtliche Einigung Bezug nimmt/ auf den sie verweist, dürfte unproblematisch alle Konfliktpunkte beseitigen und die dargestellte Vollstreckungsproblematik sicher vermeiden.
– Umgangen werden kann dies auch dadurch, dass nach dem Vergleich der Arbeitnehmer berechtigt sein soll, einen eigenen Zeugnisentwurf vorzulegen, von dem der Arbeitgeber nur aus hinreichenden, sachlichen Gründen abweichen darf.
– Zumindest aber sollte die Führungs- und Leistungsbeurteilung in den Vergleich aufgenommen werden. Man sollte weiter aufnehmen, dass das Zeugnis eine Dankes- und Bedauernsformel enthält, denn beides ist nach dem BAG nicht einklagbar.
An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr, dass die Tücken bei Vergleichen oftmals im Detail stecken.