Ein neues Urteil des Arbeitsgerichts Kiel (2 Ca 1793 a/13) streicht die Bedeutung richtiger Abrechnung von Arbeitsvergütung, insbesondere Überstunden, wieder einmal heraus. Es relativiert zudem die im Nachgang zu der Entscheidung „Emmely“ (BAG Urt. v. 10.06.2010 – 2 AZR 541/09) teilweise vertretene Meinung, dass bei fristlosen Kündigungen bereits dann kein für eine solche Kündigung ausreichender wichtiger Grund mehr vorliege, wenn Vorgesetzte des betreffenden Arbeitnehmers Kenntnis von den Verfehlungen hätten bzw. zumindest gehabt haben müssten. Das ArbG Kiel hatte zu beurteilen, dass eine Reinigungskraft und Vorarbeiterin ihre Überstunden nicht über sich selbst, sondern über andere Personen (Mutter und Tochter) als geringfügige Beschäftigungen abgerechnet hatte. Darin lag natürlich ein klarer Nachteil zu Lasten der Sozialkassen und der Steuer. Die Leitsätze der Entscheidung fassen die Bewertung des Gerichts prägnant zusammen:
“Die Praxis, selbst geleistete Überstunden über Dritte auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung abzurechnen und sich die geleistete Vergütung dann von diesen auszahlen zu lassen, stellt selbst dann eine hinreichend schwerwiegende Pflichtverletzung zur Begründung einer vom Geschäftsführer ausgesprochenen verhaltensbedingten Kündigung dar, wenn der vorgesetzte Betriebsleiter dies vorgeschlagen und gebilligt hat.
Im Rahmen der Interessenabwägung im Einzelfall war eine Abmahnung entbehrlich. Die Klägerin konnte nicht ernsthaft davon ausgehen, dass ein Arbeitgeber angesichts strafrechtlicher Konsequenzen ihr in erster Linie eigennütziges Verhalten tolerieren würde. Zu Lasten der Klägerin war deren Vorgesetztenfunktion und ihre Verantwortung für die ordnungsgemäße Abrechnung der Arbeitsverhältnisse maßgeblich zu berücksichtigen.”
Fazit: Richtige Abrechnung von Lohn- und Gehalt ist nicht nur eine Frage des Anstandes. Setzen sich Arbeitsvertragsparteien darüber – vermeintlich „kreativ“ – hinweg, machen sich alle daran Beteiligten strafbar. Das Urteil sagt nichts über eine etwaige Beteiligung von Vorgesetzten des Arbeitgebers, denen aber im normalen Lauf der Dinge einer Überstundenabrechnung und von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen eigentlich die „kreative“ Abrechung nicht verborgen geblieben sein dürfte. Verursacht ein Arbeitnehmer eine derartige, unzulässige und falsche Abrechnung, riskiert er, fristlos gekündigt zu werden.