Es gibt unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber, ob es die sogenannte „Vorstiftung“ gibt. Eine Stiftung entsteht zivilrechtlich gem. § 80 Abs. 1 mit dem Abschluss des Stiftungsgeschäfts und der Anerkennung der Stiftung durch die zuständige Landesbehörde.
Befürworter der „Vorstiftung“ sehen diese mit dem Abschluss des Stiftungsgeschäftes oder der ab dem Zeitpunkt der Einreichung der Gründungsunterlagen bei der Anerkennungsbehörde als gegeben an, die dann identitätswahrend zur späteren Stiftung wird. Bei einer Anerkennung der „Vorstiftung“ könnten auf diese bereits vor Erlangung der Rechtsfähigkeit, also zu einem früheren Zeitpunkt, Vermögenswerte übertragen werden, wodurch Fristen (beispielsweise Anfechtungsfristen oder Pflichtteilsergänzungsansprüche) früher zu laufen begännen. Ein erheblicher steuerrechtlicher Vorteil wäre es, dass auch eine erst gegen Ende des laufenden Jahres gegründete Stiftung den Spendenabzug gem. § 10 b EStG erreicht, obschon sie erst nach Jahreswechsel anerkannt wird.
Die Anerkennung der „Vorstiftung“ wird insbesondere von den Finanzgerichten abgelehnt. Gegen die ablehnende Entscheidung des FG Baden Württemberg (DStRE 2012, 537) wurde vom Steuerpflichtigen Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt und ist dort seit August 2011 unter dem Aktenzeichen X R 36/11 anhängig. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Zuwendung in den Vermögensstock einer im gleichen Jahr gegründeten Stiftung als Sonderausgabe zu berücksichtigen ist, oder ein Abzug nicht möglich ist, weil die Stiftung erst im Folgejahr staatlich anerkannt wurde und damit erst zu diesem Zeitpunkt Rechtsfähigkeit erlangte.
Die Finanzgerichte knüpfen aus Gründen „der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit“ an das Zivilrecht an, wonach eine Stiftung nicht bereits mit dem Abschluss des Stiftungsgeschäfts, sondern erst mit der Anerkennung durch die Landesbehörde entsteht. Begründet wird diese Rechtsauffassung mit § 81 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach der Stifter das Stiftungsgeschäft bis zur staatlichen Anerkennung jederzeit wiederrufen kann und daher bis zu diesem Zeitpunkt keine abschließende Trennung des Vermögens vom Stifter gegeben ist.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes wird für die Stiftungspraxis Klarheit bringen.