UK: Englisches Recht – „Lifting the Corporate Veil“ – nicht immer erfolgreich!

„Lifting the Corporate Veil“ beschreibt die Praxis der Durchgriffshaftung, die eintreten kann, wenn eine Muttergesellschaft eine Tochtergesellschaft als leere Hülle, bzw. alter ego zur Haftungsvermeidung, bzw. –beschränkung nutzt; dies insbesondere bei grenzüberschreitenden Firmengründungen.

Dass diese Durchgriffshaftung der Muttergesellschaft nicht immer eintritt, zeigt eine Entscheidung des Court of Appeal:

VTB, eine russische Staatsbank, versuchte gegen Nutritrek International, eine UK Kapitalgesellschaft vorzugehen. Hintergrund war ein Darlehen in Höhe von $ 225 Millionen, welches die VTB einem Käufer verschiedener Firmen, die im Eigentum von Nutritrek standen, gegeben hatte. Nachdem der Käufer das Darlehen nicht vertragsgemäß zurückzahlte, argumentierte VTB, das Darlehen sei aufgrund falscher Veranlassung durch Nutritrek und durch betrügerische Zusammenarbeit zwischen dem Käufer und Nutritrek zustande gekommen. Unter Ausnutzung der englischen Rechtswahlklausel im Darlehensvertag vertrat VTB die Auffassung, das Gericht habe die Durchgriffshaftung auf die nicht am Darlehensvertrag beteiligte Nutritrek zuzulassen, da sie letztendlich das Verhalten des Käufers gesteuert habe und damit für den erlittenen Verlust der Bank verantwortlich sei.

Das Gericht lehnte diese Ansicht ab. Es argumentierte, dass es selbst bei grds. zugestandener Durchgriffshaftung kaum  möglich sei, zu beweisen, dass Nutritrek an dem Darlehensvertrag als Vertragspartei beteiligt gewesen sei. Dennoch eine Haftung zu bejahen, würde Grundprinzipien des englischen Vertragsrechts verletzen.

Bedeutung für die Praxis:

Das Urteil zeigt, dass die Praxis des „Lifting the Corporate Veil“ nicht zwangsweise immer auf Seiten des Klägers zur Verfügung steht.

Nichtsdestotrotz ist für das eigene Unternehmen die Durchgriffshaftung ein ernstzunehmendes Risiko. Es ist daher empfehlenswert, sich vor Firmengründung zu diesem Zweck und vor Vertragsabschlüssen umfänglich zu den wirklich bestehenden Risiken zu informieren, um den bestmöglichen Schutz der Muttergesellschaft zu  gewährleisten.

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