Landgericht Wiesbaden – Vertrag bzgl. agiler Softwareprogrammierung (SCRUM-Methode) = Werkvertrag

 LG Wiesbaden, Urt. V. 30.11.2016 – Aktenzeichen 11 O 10/15:

Das SCRUM-Verfahren ist eine Methode sogenannter agiler Softwareentwicklung. Bei diesem Verfahren erfolgt die Softwareerstellung in kleinen Schritten orientiert an den vom Auftraggeber fortlaufend definierten Aufgaben oder vorgegebenen, in der Software abzubildenden Sachverhalten, ohne dass zuvor das Endergebnis der Entwicklung festgelegt ist. Es liegt demnach zu Beginn keine vollständige Leistungsbeschreibung oder ein Lastenheft vor sondern lediglich ein „Umriss“. Der Auftraggeber und der Auftragnehmer verständigen sich über die Ziele in Zwischenschritten (sog. Sprints).

Durch die Entwicklung der Sprints wird die Software dann zur Projektreife entwickelt und programmiert.

Die Entscheidung: Strittig war im Fall vor dem Landgericht Wiesbaden insbesondere, um welche Vertragsart des BGB es sich bei dieser Programmierungstätigkeit (SCRUM-Methode) handelt.

Einen Dienstvertrag, bei dem es keinen Katalog gesetzlicher Mängelrechte gibt und nur die Leistung eines Dienstes (in diesem Fall: Beratung) geschuldet ist, ein Werkvertrag, bei dem es (allein) auf den Erfolgseintritt ankommt und der einen Katalog gesetzlicher Mängel- und Gegenrechte enthält, oder ein Vertragstypengemischter Vertrag aus Dienst- und Werkvertrag. Anders als ein Dienstvertrag setzt ein Werkvertrag auch in der Regel eine förmliche Abnahme voraus, die u.a. grundsätzlich für die Vergütung wesentliche Voraussetzung ist.

Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien maßgebend. Es kommt darauf an, ob auf dieser Grundlage eine Dienstleistung als solche oder als Arbeitsergebnis der Erfolg geschuldet wird.

Das Landgericht Wiesbaden hat entschieden, dass es bei dem mittels SCRUM zu programmierenden interaktiven Portal um eine (ausschließlich) nach Werkvertragsrecht zu bewertende Leistung handelt. Entscheidend ist der Parteiwille, der regelmäßig auf die Realisierung des Projektes gerichtet ist. Schließlich legen die Parteien innerhalb der verschiedenen Sprints die zu erledigenden Aufgaben und den Umfang der Aufgaben konkret fest. Gegen die Einordnung des Vertrages als Werkvertrag spricht auch nicht, dass die Parteien eine Vergütungsvereinbarung auf der Grundlage des Zeitaufwandes der Klägerin getroffen haben.

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