Aktuelle Chinesische Rechtsprechung: Unwirksamkeit eines Unternehmenskaufs wegen Verstoß gegen das Vorkaufsrecht eines Mitgesellschafters

DesertGem. Art. 72 des chinesischen Unternehmensgesetzes (nachfolgend „CUG“) steht dem Gesellschafter einer Limited für den Fall, dass ein Mitgesellschafter seine Anteile verkaufen möchte, ein Vorkaufsrecht zu.

Aufgrund einer aktuellen erstinstanzlichen Entscheidung über eine große Transaktion mit 4 börsennotierten Unternehmen stellt sich die Frage der Wirksamkeit eines Unternehmenskaufs (share deal) wegen möglicher Umgehung des Art. 72 CUG und die Folgen für das Vorkaufsrecht:

Das Mittelgericht in Shanghai hatte folgenden Sachverhalt[1] zu beurteilen: Die Limited „Haizhimen“ (Zielunternehmen) wurde von drei Gesellschaftern, der Fuxing Ltd. (nachfolgend die ‚Klägerin‘) zu 50% und der Zhengda Immobilien zusammen mit der Luchen Investment (im nachfolgend die ‚Beklagten‘) zusammen zu 50% gehalten. Die Beklagten wollten ihre Anteile an eine Drittfirma, die Soho China (‚Drittbeklagte‘), verkaufen. Zwar informierten die beiden Beklagten die Klägerin über den geplanten Verkauf, ließ ihr jedoch keine 30 Tage Frist zur Entscheidung, ob diese von ihrem Vorkaufrecht Gebrauch  machen wollte. Stattdessen schlossen die beiden Beklagten noch während der 30 Tage-Frist mit der Soho China einen Kaufvertrag, wonach die Soho China alle Anteile an den beiden Beklagten selbst übernehmen sollte, um auf diesem Wege Gesellschafter an dem Zielunternehmen zu werden.

Zu entscheiden war, ob man durch Übernahme des Gesellschafters selbst  das Vorkaufsrecht des Mitgesellschafters an dem Zielunternehmen umgehen kann bzw. darf.

Das Gericht hat am 24.04.2013 entschieden, dass es sich bei der Übernahme der beiden Beklagten als Gesellschafter um ein Umgehungsgeschäft handelt mit der Folge der Unwirksamkeit des Kaufvertrags.

Das Gericht argumentierte, dass der Erwerb der Beklagten als Gesellschafter allein den Zweck hat, die insgesamt 50% Anteile des Zielunternehmens zu erhalten. Es wurde bewiesen, dass dies sowohl für die Beklagten als auch für die Drittbeklagte alleiniges Ziel  der Transaktion gewesen ist. Gem. Art. 72 des CUG und Ziffern 6.2, 6.3 der Satzung des Zielunternehmens steht der Klägerin als eigentlich Berechtigte das Vorkaufsrecht zu. Das Vorkaufsrecht wurde durch diese Transaktion übergangen. Daher verstoße diese Transaktion nicht nur gegen Art. 72 des CUG, sondern auch gegen Art. 52 Nr. 3 des chinesischen Vertragsgesetzes, wonach ein Vertrag unwirksam ist, sobald er einen illegitimen Zweck verfolgt.

Die Ansicht des Gerichts ist nicht unproblematisch: Art. 72 CUG steht grds. zur Disposition der Parteien und ist somit gesetzlich nicht zwingend. Nach dessen Wortlaut kann eine Ausweitung in der Anwendbarkeit von Art 72 CUG auf Fälle dieser Art, der Übernahme der Gesellschafter durch Dritte, nicht ausdrücklich abgeleitet werden. Es bleibt daher abzuwarten, wie die nächste Instanz entscheiden wird.

Für die Praxis bedeutet dies, dass gerade aufgrund der dispositiven Regelung des Art. 72 CUG eine ausdrückliche Regelung in dem Gesellschaftsvertrag, bzw. Satzung aufgenommen werden sollte. Ebenso ist bei jedweden Anteilsgeschäften zu berücksichtigen, dass das Zielunternehmen selbst als Gesellschafter den Verpflichtungen eines Vorkaufsrechts unterliegen kann und damit die Gefahr besteht, eine von Anfang an unwirksame Transaktion mit dem damit verbundenen Risiko der Unwirksamkeit, durchzuführen.

[1] Sachverhalt ist zum Zwecke der Darstellung des eigentliche Problems vereinfacht dargestellt.

Dieser Beitrag wurde unter Rechtsprechung China abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Kommentar verfassen